Das Knackige R

Ein linguistisches Phänomen, das Interesse weckt

Versuche ich, das «r» zu rollen, etwa für ein schmissiges «buon giorno», dann wird es bei mir eng. Bei der Lektüre des Beitrags «The Crispy R», habe ich darüber nachgedacht, wie ich das ‚R‘ ausspreche. Habt Ihr das mal gemacht? Wahrscheinlich nicht, oder? Aber was wäre, wenn ich Euch sagen würde, dass dieser scheinbar alltägliche Buchstabe in der Welt der Linguistik für Aufsehen sorgt? Das ist das Phänomen des «knusprigen R».

Linguistik erforscht Laute, um zu verstehen, wie Sprache durch soziale, kulturelle und historische Kontexte geformt wird und diese formt. Innerhalb dieser Erforschung sticht der Laut «R» durch seine Komplexität und Variabilität hervor. Das Phänomen des «knackigen R» veranschaulicht diese Faszination. Und mittlerweile ist er in der Welt von TikTok angekommen. Sprache zeigt, dass Popkultur, linguistische Forschung und sozialen Medien ein interessantes Thema sein können.

Neue Galaxie (für mich)

Der November 2021 markierte einen bedeutenden Moment für Linguisten weltweit. Unweit von hier, in Lausanne (CH), versammelten sie sich zur siebten ‚R-Atics Konferenz. Diese Zusammenkunft beleuchtete die vielfältige und komplexe Natur des «R»-Lautes. 

Linguisten diskutieren dessen historischen Wurzeln im Armenischen bis zu seinen einzigartigen Erscheinungsformen in indigenen ecuadorianischen Sprachen. Doch unter diesen wissenschaftlichen Erörterungen trat das «knackige R» als bemerkenswertes Thema hervor, trotz seines relativ neuen Einstiegs in linguistische Diskussionen.

Linguistische Chips

Ursprünglich wurde der Begriff «knackiges R» von Brian Michael Firkus geprägt. Er ist besser bekannt als Trixie Mattel , eine prominente Figur in der Drag-Community. Das Phänomen des knackigen R wurde durch TikTok bekannt. Dort wurde die eigenartige Artikulation des „R“-Lautes hervorgehoben, die mit einer gewissen Knackigkeit resoniert. Dieser Klang, obwohl schwer zu beschreiben, wird insbesondere von Prominenten wie Kourtney Kardashian und Ezra Koenig genutzt und bietet eine Mischung aus Dehnung und Kräuselung, die ihn abhebt.

Linguisten erforschen also das «knusprige R», zum Teil mit Ultraschallgeräten. Denn es ist wie ein Zweifel Pommechip in der Welt der Sprache – wenn man es einmal gehört hat, bemerkt man es ständig – so, wie man Zweifel Chips nicht weglegen kann. 

Aber was macht den R-Laut so knusprig? 

Die Sprachwissenschaftlerin Tara McAllister vermutet, dass es nicht wirklich um das «R» geht, sondern vielmehr darum, was das «R» mit einem benachbarten Laut macht. Ein Konsonant wie «K» oder «B «wird als «Stop» bezeichnet, was bedeutet, dass es sich um einen Laut handelt, der das Aufhören von Geräuschen erfordert. Beim Übergang von diesem zu einem «R-Laut» – in einem Wort wie «crispy» – verändert die Form der Zunge den Weg des Luftstosses, der für den kombinierten Laut verwendet wird. Bei «crispy» ist es nach dieser Theorie nicht das «R», das knusprig ist. Es ist das «C».

Tara McAllister zeigt gut gelaunt das „R“.

Rhotizität? Rhotizität!

Bei der Vertiefung in Spektrogramme und der Durchführung von Interviews mit Linguisten offenbart die Reise zur Entschlüsselung des knackigen «R» die schwer fassbare Natur des Lautes selbst. Diese Erkundung berührt die grundlegenden Aspekte der Rhotizität*, die Eigenheiten der englischen Aussprache und die soziolinguistischen Implikationen von R-Lauten in verschiedenen Dialekten.

William Labovs Studie von 1966 über Rhotizität unterstreicht die Verbindung zwischen Laut und sozialer Identität und verfolgt, wie die Aussprache von «R» sozioökonomische Schichtungen widerspiegelt und beeinflusst.

Ich finde das knackige «R» jetzt auch richtig interessant. Und ich bin jetzt irgendwie gespannt, wie es mit dem «R» weitergeht.


* Was ist Rhotizität? Rhotizität beschreibt, ob und wie der «R»-Laut am Ende eines Wortes oder vor einem Konsonanten in einem Dialekt ausgesprochen wird. In «rhotischen» Dialekten, wie dem amerikanischen Englisch, wird das «R» deutlich gesprochen (z.B. in «car»). In «nicht-rhotischen» Dialekten, wie dem britischen Englisch, wird das «R» oft weggelassen (z.B. in «car» kaum hörbar). Rhotizität hilft dabei, verschiedene Dialekte einer Sprache zu unterscheiden und kann Aufschluss über geografische oder soziale Herkunft geben.

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