Fluchen hat zweifellos seine Berechtigung als Ausdruck menschlicher Emotionen. Kommunikatoren sind Menschen und dürfen menschlich sein. Aber, verdammt nochmal, fluchen? Das geht echt nicht. Oder doch?
Fluchen ist zweifellos ein authentischer Ausdruck menschlicher Emotionen. Und als Kommunikatoren stehen wir oft an der Schnittstelle zwischen menschlichem Ausdruck und professionellen Erwartungen. Ja, wir sind Menschen und ja, manchmal entwischt uns ein Fluchwort. Aber sollten Kommunikatoren wirklich fluchen?
Wenn ein Politiker1 oder ein Unternehmenssprecher in der Öffentlichkeit derb flucht, dann lautet die Antwort wohl ein entschiedenes Nein. Wir als Kommunikatoren sollten stets die Kraft unserer Worte und den Kontext unserer Aussagen bedenken. Ein Fluchwort kann Konventionen brechen und sollte daher bewusst und mit Bedacht eingesetzt werden. Daher: Nicht fluchen.
Der Philosoph in mir
Philosophisch betrachtet, bietet Fluchen eine faszinierende Perspektive2. Die Entscheidung, ob und wie wir fluchen, spiegelt tief verwurzelte kulturelle Normen und persönliche Werte wider. Der Philosoph J.L. Austin prägte das Konzept der „Speech Acts“,3das darauf hinweist, dass Flüche mehr als nur Worte sind. Sie sind Handlungen, die komplexe soziale und emotionale Reaktionen auslösen können. In gewissen Situationen kann ein gezielt eingesetztes Fluchwort tatsächlich dazu beitragen, eine gespannte Atmosphäre zu entschärfen oder einen Punkt besonders zu betonen, in anderen Kontexten jedoch kann es als grob und unangemessen angesehen werden.
Das Missgeschick

Der Fall Timothy Boomer vs. das Volk4, bei dem er nach einem Kanuunfall in Anwesenheit von Kindern fluchte, illustriert die Grenzen und Konsequenzen des Fluchens. Ob im verspäteten Zug, zu Hause oder in offizieller Funktion, die Reaktionen auf Flüche variieren je nach Setting und je nach dem Framing, in dem wir uns befinden.
Für uns Kommunikatoren bleibt die Herausforderung, die Macht des Fluchens klug zu nutzen: Es ganz sein zu lassen oder wenn geplant, dann respektvoll, wirkungsvoll und immer mit einem Augenzwinkern. Letztendlich ist der Umgang mit dem Fluchen entscheidend. Dieser zeigt, wie wir auf dem Strom des menschlichen Miteinanders navigieren. Am besten professionell und nicht fluchend.
- Fluchende Politiker: Wir erleben es aktuell sehr intensiv. Vgl. den Beitrag im Magazin Politico. „The incorporation of risqué language into the meticulously planned public statements and personas of upwardly mobile politicians appears to be new. And in a time marked by Trumpian combativeness and a decades-long coarsening of language, it might be a political asset.“ ↩︎
- Philosophische Betrachtung: Der Impuls hierfür liegt in diesem Beitrag von Big Think. ↩︎
- Der Speech Act: John L. Austin entwickelte die Theorie der Sprechakte, um zu erklären, wie Sprache nicht nur Dinge beschreibt, sondern auch Handlungen ausführt. Austin unterschied zwischen lokutionären Akten (das Sagen von etwas), illokutionären Akten (das Tun durch Sagen, z.B. versprechen, befehlen) und perlokutionären Akten (die Wirkung, die durch Sagen erzielt wird). Seine Theorie betont, dass Sprache über die reine Informationsübermittlung hinaus handlungsorientiert ist und in spezifischen Kontexten unterschiedliche Funktionen und Effekte hat. https://plato.stanford.edu/entries/speech-acts/ ↩︎
- Timothy Boomer Case: Timothy Boomer wurde 1999 in Michigan aufgrund eines alten Gesetzes gegen das Fluchen in der Öffentlichkeit angeklagt. Dummerweise kenterte er in seinem Kanu auf einem Fluss und fluchte lautstark. Noch viel dümmer: In der Nähe befanden sich Familien mit Kindern. Boomer wurde zunächst für schuldig befunden, doch das Urteil wurde später aufgehoben. Der Fall löste eine Debatte über die Angemessenheit und Verfassungsmässigkeit solcher Gesetze aus, insbesondere im Hinblick auf die Meinungsfreiheit. Dazu lest mal diese Beiträge: Los Angeles Times First Amendment sowie hier auf der Plattform IPL. ↩︎

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