Ethik und PR

Kann PR überhaupt ethisch sein?

Teil 1 – Dem Thunfisch sei Dank

Der Thunfisch ist schuld und ich danke ihm dafür. Denn hätte ich an meinem Seminar an der ZHAW (Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften) in Winterthur nicht eine Übung zum Thema Thunfisch ausgegeben, hätte ich mich wohl kaum wieder mit dem Thema Ethik und PR auseinandergesetzt – zumindest vorerst nicht.

Wie es dazu kam

Eigentlich sollte in einer Gruppenübung „nur“ eine Social Media Strategie für einen fiktiven Verband der Thunfisch-verarbeitenden Industrie erstellt werden. Brisant wurde die Aufgabe durch das hochsensible Thema Thunfisch. Denn der Fisch wird oftmals unter absolut verabscheuungswürdigen Umständen „gefischt“ – falls man das so nennen darf.

Prompt fing eine Studentin in der Gruppe die Diskussion mit mir an, ob es ethisch vertretbar sei, für einen solchen Verband zu arbeiten und die Meinung „zu drehen“. Schliesslich verteidige sie dann ja die grausamen Fischmethoden und fördere das sogar noch. Die Diskussion gipfelte in ihrer Frage, ob ich dächte, sie – als „junges Küken“ – würde noch auf die Welt kommen und ihre Grundsätze über Bord werfen. Nein war meine Antwort – und das war nicht nur diplomatisch gemeint.

Meine Bewertung

Dass es soweit kam, resultierte aus mehreren Äusserungen, die ich traf:

  • Unethisch ist die Fischmethode, nicht der Verband, der sogar für die Reputation seiner Mitglieder etwas tun muss. Wenn wir uns als PR-Berater dann nur als Erfüllungsgehilfen sehen, handeln wir unethisch. Sehen wir uns als Berater mit einem konkreten Auftrag, die Reputation zu verbessern, müssen wir auch abseits der Medienarbeit denken – eine Selbstverständlichkeit. Dann müssen wir Massnahmen entwickeln, die auch auf den Fischfang Einfluss haben. So etwa ein Fair-Fishing-Label für Thunfisch, das nur „ethische“ Fischer erhalten.
  • Manche Projekte sind unethischer als andere. Die Entscheidung erfolgt auch immer auf der Basis des Grades an Unethik sowie Vereinbarkeit mit der Berufsgruppenethik. Niemals würde ich ein Mandat annehmen, das gegen geltendes Recht, die Menschenwürde etc. verstösst. Auch halte ich mich an den Code of Athens, den sich jeder PR-Berater in solchen Fällen durchlesen sollte.
  • Manchmal zählt auch der Geldbeutel. Soll heissen, stehe ich vor der Entscheidung, die Agentur zuzusperren oder ein unangenehmes Mandat anzunehmen, dann muss zur Bewertung des Auftrags auch der Budget-Faktor beachtet werden.

Schlussendlich kommt bei solchen Entscheidungen immer ein ganzes Bündel an Kriterien zum Tragen, die bei jedem Menschen anders gewichtet sind.

Absolutes No-go

Was ich persönlich niemals akzeptieren werde ist es, wenn Kollegen dazu gezwungen werden, ein Mandat zu betreuen, hinter dem sie ethisch nicht stehen können. Lieber wickele ich ein Mandat alleine ab, als dass ich einen unmotivierten oder, schlimmer noch, einen meinen Kunden oder mich kompromittierenden Mitarbeiter im Team habe.

Positionen

Gerne diskutiere ich mit Euch, geschätzte Leser, dieses Thema? Was sind Eure Kriterien? Schreibt mir oder postet einen Kommentar.

Fortsetzung folgt

  • Teil 2: Kann PR ethisch sein?
  • Teil 3: Unter der Lupe – Kriterien für Ethik

4 Kommentare zu „Ethik und PR

Gib deinen ab

  1. Es gab noch via Twitter einige Fragen von User @Mariechaon (Die Fragen sind so eingepostet, wie ich sie via Twitter erhalten habe.

    – Kann man die Reputation für ein schlechtes Produkt _massgeblich_ verbessern ohne das Produkt selber _massgeblich_ zu verbessern?

    – Brauchte die Thunfusch-Industrie ‚Reputation Management‘ (K•Comms) im gleichen Masse wenn sie ethisch handeln würde?

    – Ist das Reputation Management für z.B. #WikiLeaks, #wwf oder #amnesty prozentual gleich gross wie das für BP?

    – Wieso sollte meine Motivation ethisch zu handeln grösser sein als ‚reich werden‘ ’sozial anerkannt sein‘ o Bequemlichkeit?

    1. So, lieber @Mariechaon, wie versprochen hier meine Gedanken dazu:

    2. Nein, sicherlich nicht. In gewissen Umfang ist es machbar, Produkte kurzfristig gewinnbringend zu vermarkten, sicherlich aber nicht nachhaltig. Das wird allerdings nicht langfristig auf das Unternehmensimage positiv einzahlen. Schöne Beispiele sind Kinder-Drinks, die angeblich nur aus natürlichen Zutaten produziert werden, sich dann allerdings als wahre Zuckerschleudern entpuppen oder Aromastoffe enthalten, die natürlich heissen, es aber nicht sind. Kurzfristig werfen sie Gewinn ab, taugen sie für die Dauer, werden sie erst dann verbessert. Auch eine Strategie.
    3. Aus meiner Sicht – und ich schreibe hier als Privatperson und nicht als K Comms – braucht jedes Unternehmen Reputation Management. Warum? Weil es immer Faktoren gibt, die ein Unternehmen auch negativ beschädigen können. Bei einigen treten diese Faktoren offen zu Tage und sind prominent – wie bei den Thunfisch-Fischern – bei anderen eher nicht. Im Grunde ist Ihre Frage aus meiner Sicht eher auf die Krisen-PR abgezielt. Und da muss ich mich dann wirklich fragen, ob ich sowas vertreten kann und will. Aber auch hier: Richtig, der Aufwand wird sich sicherlich unterscheiden, ob ich ethisch oder unethisch handel. Allerdings können auch ethisch handelnde Unternehmen schnell in die Kritik geraten – vgl. WWF – Packt mit dem Panda. In solchen Fällen ist es der Neid Einzelner, die gute Sachen kaputt machen möchten. Und es ist ungleich schwerer einen ehemals guten und dann beschädigten Ruf wieder zu reparieren, als von einem ohnehin negativen Image ins Neutrale Imagefeld zu kommen. Wie sehen Sie das?
    4. Ich denke auf unterschiedlichen Ebenen kommt es bei den genannten Beispielen auf das Gleiche raus. Viel Arbeit, die positive Reputation zu halten oder zumindest neutral zu halten. Zu unterscheiden ist auch, ob es sich um Trendthemen handelt – wie Wikileaks – oder um Dauerbrenner wie WWF und BP. Richtig, der Aufwand unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen zum Teil deutlich. Als mittelständischer Unternehmensberater muss ich anders meine Reputation sichern, als etwa die von Ihnen genannte internationale Unternehmung BP.
    5. Tja, die letzte Frage ist echt schwer. Sicherlich kann ich sie für mich beantworten: Ich habe klare Vorgaben für mich, nach denen ich die Aufträge bewerte. Dazu gehört sicherlich auch der Faktor „Überleben“ aber auch, kann ich meinen Kindern erzählen was ich da tue, ohne vor Scham rot zu werden. Welche Kriterien setzen Sie an?
    6. Vielen Dank, sehr geehrter @Mariechaon, für Ihre Fragen. Ich freue mich auf Ihr Feedback.

  2. ‚Unethisch ist die Fischmethode, nicht der Verband‘ So ein Blödsinn. Ethik ist ein menschlicher Wert. Wenn wir sagen, eine Fangmethode sei ‚unethisch‘ meinen wir damit Menschen – Fischer – die nicht nach ethischen Regeln handeln. Unethisch ist schlussendlich also immer die Handlung (oder Nicht-Handlung) eines Menschen. Die Fangmethode an sich, isoliert, kann nicht unethisch sein, denn ohne den unethischen Menschen käme sie gar nicht zur Anwendung.
    Wer unethisch handelnde Menschen vertritt oder gar unterstützt (wie z.B. die Menschen des thunfisch-verarbeitenden Verbandes) vertritt bzw. unterstützt, unterstützt auch diese ‚Un-Ethik‘.
    Ethik ist deshalb wichtig, da sie sich evolutionär bewährt hat. Wer z.B. die Macht hat, grosse Teile dieses Planeten für Millionen von Jahren radioaktiv zu versäuchen, auf den muss ein entsprechend grosser ethischer Druck ausgeübt werden. Bessere Strategien existieren indem man das ‚outcome‘ so gestaltet, dass er für die grösstmögliche Anzahl Menschen auf einen mittel- bis langfristigen Zeitraum den grösstmöglichen positiven Effekt hat. Für eine solche Strategie (falls wahrhaftig!) PR zu machen ist nicht nur extrem befriedigend sondern auch optimal nachhaltig, meine ich, odr?

    1. Vielen Dank für den Kommentar, Caio.
      Semantisch ist das richtig, hätte das mit der Fangmethode klarer formulieren müssen. Inhaltlich gesehen habe ich da ein paar Anmerkungen:

    2. Bleiben wir in dem von Ihnen skizzierten Gedankengang, sind wir verdorben. Wir wollen alle Nahrungsmittel, Produkte etc. zu einem möglichst günstigen Preis. Und dann ist es uns egal, ob die Fische brutal hingeschlachtet werden oder „in gegenseitigem Einvernehmen“ auf den Tisch gebracht werden – so lange das billig ist. Solange Erdbeeren ganzjährig im Laden sind ist es mir egal, wo die Früchte herkommen und welche Bedeutung das für die Umwelt hat. Fazit: Wir müssen unser Konsumverhalten ändern, dann können wir auch was bewegen.
    3. Zum Thema Druck ausüben: Richtig. Wir müssen nur sicher sein, wer die entscheidende Zielgruppe ist. Die Unternehmer oder – wie oben skizziert – jemand ganz anderer angesprochen werden muss.
    4. In der Tat wäre eine solche Arbeit sehr schön. Die Frage bleibt, wer, wenn nicht die gesamte Schar der Lobbyisten kann da was ändern? Seien es die vom WWF oder die der Industrie. Wir müssen uns im Endeffekt irgendeiner Instanz vertrauen können dürfen.

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